Kindergesundheit – Beam Me Up!

Zeilen aus dem Jahr 2050, in dem alle Wünsche in Erfüllung gegangen sind – oder auch: Briefe an das Christkind.

Geht es nach den Abenteuern des Raumschiff Enterprise wird im Jahr 2063 der Warp-Antrieb erfunden, der uns das Reisen durch die Galaxien ermöglicht. Da hätten wir noch knappe 40 Jahre, um diesen zu entwickeln. Und wenn uns das gelingen kann, dann schaffen wir eine kinderfreundliche Welt 2050 allemal. In den Star Trek Serien heißt es, die Menschen auf der Erde haben die sozialen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten überwunden. Das kommt aber erst viel später nach der Erfindung des Warp- Antriebs, irgendwann im 23.Jahrhundert, in dem die Abenteuer der Enterprise spielen. Vorher kommt unser Bemühen, die Welt so zu gestalten, dass Kinder eine gute Zukunft sehen und erwarten können. Besonders auch diejenigen, die es schwer haben.

Im Jahr 2050 haben wir nämlich längst „Präventionsketten“ gegen Kinderarmut entwickelt. Sie stärken in schwierigen Situationen. Man setzt bei den Entwicklungsherausforderungen des Kindes an und baut die Unterstützungsmaßnahmen begleitend auf.  Bei diesen verbundenen Präventionsketten sollen die einzelnen Ketten-Glieder verlässlich ineinandergreifen, damit die Kette nicht reißen kann. Der Begriff ist vielleicht ein wenig missverständlich. Es geht im Kern darum, Unterstützungsnetze zu mobilisieren, die sozialstaatlich, institutionell, in der Gemeinde und der Community zu finden sind. Die sozialen Dienstleistungen sind hier besonders bedeutsam. Es beginnt immer rund um die Geburt im ersten Jahr mit den so genannten „frühen Hilfen“, die Eltern multiprofessionell und auch sozialraumnahe unterstützen sollen. Dann geht es weiter über die Elementarpädagogik, die 2050 gut ausgebaut ist. Und dann folgt die Schule, wo ein Sozialindex Ressourcen dort hinbringt, wo diese am meisten gebraucht werden. Präventionsketten wirken weiter bei 15jährigen Jugendlichen, die Schwierigkeiten haben und auch welche machen; die die Schule abbrechen – dann in der Luft hängen. Dieser Ansatz, der im Grätzel Menschen verbindet, eingefahrene Berufsbilder löst, Ressourcen und Geld mobilisiert, hat bereits viele Kinder gestärkt.

Kinder mit Entwicklungsbelastungen und chronischen Krankheiten steht ein kostenfreies, jederzeit zugängliches und bedarfsdeckendes Angebot an diagnostisch-therapeutischen Maßnahmen zur Verfügung. Das beginnt bei der fachärztlichen wie therapeutischen Versorgung und den aufsuchenden Diensten, geht über spezialisierte Ambulatorien bis hin zur Kinder-Rehabilitation. In der Psychotherapie und psychologischen Behandlung sind Lücken und Wartelisten geschlossen.

Damit alle Kinder gute Entwicklungsmöglichkeiten bekommen, ist die Benachteiligung chronisch kranker Kinder in Bezug auf Stützkräfte und Schulassistenz längst beendet. Eltern finden selbstverständlich Nachmittagsbetreuung und Kindergarten für ihr krankes Kind. Schulgesundheitsteams sind in einer arbeitsteiligen und kooperativen Struktur gebündelt, die „school nurse“ ist ein Teil davon.

Kinder sind unsere Zukunft, heißt es allerorts und gerne. Das glaube ich aber erst, wenn es genug Ressourcen gibt, Kinderarmut zu bekämpfen, die Therapielücke zu schließen und gute Schulen für alle zu ermöglichen. Wäre arg, wen der Warp Antrieb im Himmel früher erfunden würde als eine gute Zukunft für jedes Kind hier auf Erden.


Erschienen in: Die Furche, „Kindergesundheit – Beam me up!“, 21.12.2022

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